Freitag, 11 September 2020 12:24

Die WEG-Reform 2020

Der Gesetzgeber arbeitet gerade fleißig an einer Reform des Wohnungseigentumsgesetzes. Derzeit ist geplant, dass das neue Gesetz zum 1.11.2020 in Kraft tritt. Ein Überblick:

Schon im Jahre 2019 gab es erste Entwürfe zur Reformierung des Wohnungseigentumsgesetzes. Der Referentenentwurf wurde mehrfach in den zuständigen Ausschüssen besprochen. Geplant war ursprünglich, die Gesetzesänderung vor der üblichen Sommerpause zu verabschieden. Jetzt soll das Gesetz wahrscheinlich in seiner Endfassung zum 1.11.2020 Inkrafttreten.

Die Reform war nach Auffassung des Gesetzgebers insbesondere deshalb notwendig, weil aufgrund veränderter Bedürfnisse der Wohnungseigentümer derzeit bestehende Hürden abgeschafft und die Gemeinschaften durch Abbau von Bürokratie entlastet werden sollen.

Insbesondere enthält der Gesetzentwurf nunmehr Regelungen zur Förderung der Elektromobilität und zur Änderung von Kosten-und grundbuchrechtlichen Vorschriften.

Eine Beschlussfassung zur notwendigen Sanierung und Modernisierung der Wohnungseigentumsanlagen wird vereinfacht. Den Eigentümern wird nunmehr ein Anspruch eingeräumt, auf eigene Kosten Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge einzurichten, oder Breitbandinternetanschlüsse verlegen zu lassen. Es soll darüber hinaus eine Vereinfachung der bisher recht komplizierten Regelungen zu baulichen Veränderungen der Wohnungseigentumsanlagen eingeführt werden.

Die Gemeinschaft soll nunmehr Träger der Verwaltung sein. Bisher oblagen einige Aufgaben den Eigentümern. Jetzt soll die Gemeinschaft Träger aller gemeinschaftsbezogenen Rechte und auch der Verwaltung sein. Dies führt z.B. dazu, dass nunmehr nicht mehr „die übrigen Eigentümer“ Gegner im Anfechtungsverfahren sind, sondern die Gemeinschaft der Eigentümer.

Die Möglichkeit zur Einberufung von Eigentümerversammlungen soll vereinfacht werden. Es soll aufgrund gestiegener Bedürfnisse möglich sein, Online-Eigentümerversammlungen abzuhalten. Die Einberufungsfristen werden verlängert und sog. Umlaufbeschlüsse sollen auch in Textform (z.B. per E-Mail) möglich sein.

Der Verwalter ist fortan nicht mehr verpflichtet, eine Beschlusssammlung zu führen. Vielmehr hat er lediglich Aufbewahrungspflichten, mit der besonderen Maßgabe, dass z.B. Beschlüsse, die die Kostenverteilung zum Gegenstand haben, besonders hervorgehoben werden. Die Übersichtlichkeit dieser Sammlung soll dann z.B. durch eine separate Liste gewährleistet werden. Korrelierend dazu wird in das Wohnungseigentumsgesetz ein Recht des Eigentümers auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen eingeführt, welches sich bisher lediglich aus dem BGB ergab.

Die bisher teils als lästig empfundene Regelung, nach der lediglich im Einzelfall eine Kostenverteilung abweichend von den gesetzlichen/vereinbarten Maßstäben beschlossen werden konnte, soll abgeschafft werden. Auch entsprechende qualifizierte Mehrheiten bei solchen Beschlüssen sollen nicht mehr notwendig sein.

Der Verwalter erhält weitgehende Befugnisse. Er muss nicht mehr bei jeder Maßnahme eine Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft abwarten, sondern kann im Einzelfall selbst entscheiden. Die diesbezügliche Regelung ist nach unserer Auffassung sehr unbestimmt ist -nach dem Referentenentwurf soll der Verwalter bei „gewöhnlichen Maßnahmen“ (was das sein soll, regelt das Gesetz nicht) ohne Beschlussfassung entscheiden können- und wird zu erheblichen Problemen in der Gemeinschaft führen wird. Hinzu kommt, dass der Verwalter nunmehr gegenüber Dritten allumfassend vertretungsberechtigt ist, was bisher nicht der Fall war - die Berechtigung zur Vertretung der Gemeinschaft musste sich bisher in der Regel aus einem Beschluss ergeben.

Allerdings soll entgegenwirkend der Verwalter verpflichtet sein, einen Sachkundenachweis zu erbringen. Wie dieser Sachkundenachweis geführt werden kann, ist bisher nicht entschieden. Denkbar wäre eine zukünftige Regelung ähnlich wie § 34c GewO. Auch wird es zunächst Übergangszeiten für die Pflicht zur Beibringung durch den Verwalter gegeben.

Beschlüsse, die aufgrund einer Öffnungsklausel in der Teilungserklärung gefasst werden, müssen nunmehr in die Grundbücher eingetragen werden.

Neben weiteren Änderungen dürfte insbesondere die von dem Gesetzgeber gewollte Harmonisierung von Miet-und Wohnungseigentumsrecht interessant sein. Der vermietende Wohnungseigentümer soll nämlich fortan berechtigt sein, die Betriebskosten für die vermietete Eigentumswohnung nach der in der WEG geltenden Kostenverteilung abzurechnen. Zusätzlich sollen Mieter von Wohnungseigentum verpflichtet werden, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu dulden. Hierfür wird nicht nur das Wohnungseigentumsgesetz geändert, sondern auch das BGB mit den mietrechtlichen Vorschriften.

Ob die Gesetzesänderung tatsächlich mittelfristig zu Rechtssicherheit und positiven Ergebnissen im Bereich des gemeinschaftlichen Zusammenlebens führen wird, bleibt abzuwarten. Wir rechnen damit, dass das bisher schon stark durch Richterrecht und Rechtsprechung geprägte Wohnungseigentumsrecht „Baustelle“ bleiben wird und dass zumindest anfänglich die Rechtssicherheit für die Beteiligten durch das neue Gesetz nicht gefördert werden wird.

Sollten Sie als Eigentümer Fragen zur derzeit geltenden Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht haben, oder sich als Verwalter bereits jetzt auf das neue Gesetz vorbereiten wollen, melden Sie sich gerne bei uns. Wir stehen in allen rechtlichen Fragen rund um das Wohnungseigentumsrecht zu Ihrer Verfügung!

Ihre Rechtsanwälte Struck

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